Die Geschlechtsneutrale Sprache wird zurzeit heiß diskutiert. Die einen sehen es als Pflicht für einen fairen Umgang miteinander an, die anderen eher als irrelevant. In vielen Bereichen unserer Gesellschaft hat sich die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter rasant verändert. Wir stehen vor vielen neuen Anforderungen und Herausforderungen. Um die Diversität darzustellen und zu begrüßen, führt jedoch kein Weg am Gendern vorbei.

Was versteht man unter Gendern?

Das Wort „gendern“ stammt von dem englischen Wort „gender“, was zu Deutsch „Geschlecht“ bedeutet. Allerdings wird im englischen in der Soziologie eindeutig zwischen dem sozialen („gender“) und dem biologischen Geschlecht („sex“) unterschieden.

Im Gegensatz zum biologischen, bezieht sich das soziale Geschlecht auf das gefühlte und gelebte Geschlecht und nicht auf das körperlich zugewiesene. Gendern steht daher für die geschlechtergerechte Sprache, mit der die Gleichbehandlung aller Geschlechter zum Ausdruck gebracht werden soll. Im Deutschen wird im Allgemeinen das generische Maskulinum verwendet. Dies gilt auch für weibliche Personengruppen, für die es auch eine weibliche Form gibt. So wird beispielsweise eher von Lehrern gesprochen als von Lehrerinnen.

Warum sollte man gendern?

Die geschlechtergerechte Sprache ist auch im Marketing ein wichtiger Aspekt. Da die Gesellschaft nicht nur aus Menschen besteht, die sich als Mann oder Frau definieren, sind Gender-Zeichen mittlerweile fast ein Muss. Nur so wird man als Unternehmen den gesellschaftlichen Anforderungen gerecht. Laut einer Umfrage der puls Marktforschung GmbH sind 76% der Bevölkerungen bereit, für „moralische Marken“ einen Aufpreis in Höhe von durchschnittlich 12,4% zu bezahlen.

Ein erfolgreicher Vorreiter einer gendergerechten Unternehmenskommunikation ist beispielsweise das Unternehmen IKEA.

Mit dem Projekt „Love Seats“ feierte IKEA 2021 den Pride Month und teilte Liebesgeschichten von Personen, die sich als LGBTQIA+ identifizieren. Es steht im Einklang mit dem Engagement des Unternehmens, um eine Gemeinschaft für queere Mitarbeiter:innen und Kund:innen zu schaffen. Das Motto von IKEA lautet „Wir wollen, dass Menschen mit allen Gender-Identitäten sich bei IKEA und überall wohlfühlen“. IKEA Deutschland hat außerdem eine genderneutrale Sprache für alle ihre Kommunikationskanäle eingeführt.

Gendern und SEO – funktioniert das?

Ein gendergerechtes SEO mag im ersten Moment schwierig klingen. Ein gutes Ranking bei Google und anderen Suchmaschinen kann durch die diversen Genderzeichen erschwert werden. Welche Auswirkung die einzelnen Genderzeichen auf die Sichtbarkeit Ihrer Texte haben, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Zunächst steht jedoch fest, dass der Google Algorithmus sich dem Suchverhalten der Nutzer:innen anpasst und auch gegenderte Texte immer besser zuordnen können müsste.

Bedenken Sie bei dem Verfassen von Online-Texten außerdem, dass Sie in erster Linie für das Publikum schreiben sollten, das Sie erreichen wollen. Wer SEO trotzdem nicht ganz vernachlässigen möchte, kann sich auch mit geschlechtsneutralen Begriffen wie „Kundschaft“ oder Relativsätzen behelfen.

Die unterschiedlichen Formen des Genderns

Unter den sogenannten Genderzeichen versteht man die Zeichen, die männliche und weibliche Wörter zu einem neuen Begriff verbinden. So sollen auch weitere Geschlechter angesprochen werden.

Das Gendersternchen

Das Gendersternchen, ist eins der meistgenutzten Zeichen, um einen Text zu gendern. Dabei wird ein Stern nach dem Wortstamm und vor die weibliche Endung gesetzt. 2020 wurde das Gendersternchen in der Neuauflage des Dudens aufgenommen.

Beispiel: Lehrer, Lehrer*innen

SEO: In Bezug aufs Online-Marketing liefert das Gendersternchen interessante Ergebnisse. Bei gesellschaftlich viel diskutierten Begriffen wie beispielsweise „Lehrer*in“  zeigt Google hauptsächlich Seiten, die den Begriff mit Sonderzeichen nutzen. Wird hingegen nach „Elektriker*in“ gesucht, ersetzt Google das Gendersternchen mit einem Leerzeichen und deutet die Begriffe als zwei, sprich „Elektriker“ und „in“. Auf der Suche nach einem Experten im Bereich Elektrik würden Sie hier also – gegendert oder nicht – die gleichen Ergebnisse erhalten.

Quelle: Eigener Screenshot Google-Suche
Quelle: Eigener Screenshot der Google-Suche

Gender-Gap

Der Gender-Gap setzt genau wie das Gendersternchen zwischen den Wortstamm und der weiblichen Endung einen Unterstrich. Hierbei wird der Unterstrich als Pause gesprochen.

Beispiel: Fußballer, Fußballer_innen

SEO: Wird mit dem Gender-Gap auf Google gesucht, tauchen je nach Suchwort verschiedene Ergebnisse auf. In den meisten Fällen erkennt Google eher die rein weibliche Form in den Suchbegriffen, seltener zwei getrennte Begriffe.

Quelle: Eigener Screenshot Google-Suche
Quelle: Eigener Screenshot Google-Suche

Gender-Doppelpunkt

Der Gender-Doppelpunkt ist bei den unterschiedlichen Gender Formen die neuste Form. Auch hier wird wieder beim Sprechen zwischen dem Wortstamm und der Endung eine Pause gelassen.

Beispiel: Mitarbeiter, Mitarbeiter: innen

SEO: Die Suchmaschine fasst den gesuchten Begriff als ein eigenes Keyword auf. Google ist dabei, den Gender-Doppelpunkt als Gender-Zeichen zu verstehen. Außerdem bietet der Gender-Doppelpunkt einen besonderen Vorteil: Beim Vorlesen durch Programme für beispielsweise hörgeschädigte Menschen wird dieser nicht gesondert vorgelesen. Unserer Meinung nach ein tolles Plus, weswegen wir uns auch für genau diese Schreibweise entschieden haben.

Quelle: Eigener Screenshot der Google-Suche

Binnen-I

Diese Schreibweise wird nur noch ganz selten genutzt. Hierbei ist zu beachten, dass beim Sprechen die Trennung beider Geschlechter nicht deutlich wird.

Beispiel: Politiker, PolitikerInnen

SEO: Bei dem Binnen-I erkennt Google, dass es sich um einen großen Buchstaben handelt, jedoch werden trotzdem in erster Linie Ergebnisse mit der weiblichen Form angezeigt. Das kann dazu führen, dass wichtige Keywords nicht richtig erkannt werden.

Quelle: Eigener Screenshot der Google-Suche

Neutralisierung

Bei der Neutralisierung wird kein Geschlecht direkt angesprochen. Es ist besonders dann sinnvoll, wenn auf eine Sichtbarkeit der Geschlechter verzichtet werden soll.

Beispiel: Die Aushilfskraft

SEO: Gibt man geschlechtsneutrale Begriffe bei Google ein, zeigt die Suchmaschine hauptsächlich Informationen über den jeweiligen Begriff an. Die Methode der Neutralisierung sollten Sie daher immer für SEO-relevante Synonyme in Ihren Texten im Kopf behalten.

Quelle: Eigener Screenshot der Google-Suche

Paarform

Hierbei werden von einem Begriff die weibliche und die männliche Form genannt.

Beispiel: Pfleger und Pflegerin

SEO: Mit der Paarform geht die Suchmaschine nicht ganz einheitlich um. Google schlägt zuerst Erklärungen des Genderns vor, liefert aber auch Erklärungen zum jeweiligen Begriff.

Quelle: Eigener Screenshot der Google-Suche

Das dritte Geschlecht

Es gibt auch Personen, die sich nicht binär einordnen lassen. Hierbei sind andere Ausdrucksformen erforderlich. Allerdings hat die deutsche Sprache für das dritte Geschlecht keine Ressourcen an Wörtern, die der richtigen Ansprache gerecht werden. Die im Englischen verbreitete Form „they“, also die 3. Person Plural, ist im Deutschen nicht gebräuchlich. Die deutsche 3. Person Plural „sie“ wird im Deutschen bereits für die höfliche Anrede „Sie“ verwendet.

Die wohl bekannteste Änderung findet bei den Stellenangeboten statt. Hierbei richtet sich das ganze nun an Männer, Frauen und diverse Personen (m/w/d). Kundenaccounts müssen eine Option wie „divers“ anbieten oder eine Abfrage unterlassen. Dies entspricht der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Fazit

Die unterschiedlichen Arten des Genderns bringen verschiedene Vor- und Nachteile mit sich. Viele von ihnen entsprechen nicht den aktuellen Rechtsschreibregeln, weswegen es die eine richtige Lösung (noch) nicht gibt. Um eine gleichwertige Ansprache aller Geschlechter zu ermöglichen, müssten die Rechtschreibregeln geändert werden.

Sprachen befinden sich jedoch immer im Wandel. Unternehmen sollten sich also früh genug mit der Thematik befassen, da eine Positionierung immer relevanter in der Gesellschaft wird. Ihnen sollte bewusst sein, dass bereits die Art und Weise, wie Sie kommunizieren eine solche Positionierung darstellt. Um die richtigen Kund:innen und Mitarbeiter:innen anzusprechen, sollten Sie daher, die für Ihre Zielgruppe relevante Kommunikation wählen.

Wichtig: Die Unternehmenskommunikation sollte jedoch zunächst nach innen gelebt werden, um authentisch und ehrlich nach außen treten zu können. Es sollte gemeinsam über eine einheitliche Schreibweise für die gesamte interne und externe Kommunikation entschieden werden, um die richtige Zielgruppe, die richtigen Werte und die Haltung des Unternehmens zu kommunizieren.