Teil 1 unserer Storytelling-Reihe

Wer sich im Markt behaupten will, muss einfach lauter brüllen als der Wettbewerb! Oder?

Sommer 2018. Neukundentermin bei einem Architekten. Schickes Büro im Zentrum von Köln. „Wir wollen expandieren“, verrät mir der Geschäftsführer. „Aber wir wachsen langsamer als in den letzten Jahren. Der Wettbewerb ist stärker geworden. Irgendwas machen die besser.”
„Welchen USP haben Sie denn?“ frage ich.
„Wir können innerhalb kurzer Zeit für jedes Projekt ein individuelles Team zusammenstellen.“
„Bei allem Respekt, aber das ist kein USP. Das kann jeder Ihrer Wettbewerber auch. Damit unterscheiden Sie sich nicht. Wir brauchen was, das richtig knallt und für Ihre Kund:innen einen wirklichen Unterschied macht. Über die eigentliche Dienstleistung hinaus.“ (Fortsetzung folgt)

Als Marke wird es immer schwieriger, sich zu unterscheiden. Täglich strömen neue Wettbewerber in den Markt und greifen Marktanteile ab. Aber mit derselben Positionierung einfach lauter zu brüllen als alle anderen, bringt rein gar nichts – denn, glauben Sie mir, so viel Geld möchten Sie gar nicht ausgeben. Um aufzufallen und die Zielgruppe nachhaltig zu begeistern, müssen Sie also anders sein und auch so wahrgenommen werden. Das beginnt beim Markenkern.

Der Markenkern – Warum tun Sie, was Sie tun?

Nein. Die Antwort lautet nicht: „Für Geld und Ruhm.“ Hier geht es darum, was Sie motiviert und antreibt, wieso Sie überhaupt ins Büro, die Werkstatt, das Meeting oder auf den Kongress gehen. Der Markenkern ist das Fundament Ihrer Marke. Darin steckt der übergeordnete Nutzen, den Partnerinnen, Kunden und andere Zielgruppen wahrnehmen. Zusammengesetzt aus Purpose, Vision, Mission und Werten.

  1. Purpose – der Grund für die Existenz Ihrer Marke
    Ein starker Purpose ist der Ausgangspunkt für alles, was Sie tun. Zusammengefasst im einfachsten, überzeugendsten Satz oder Ausdruck. Er ist der Haken, mit dem Sie Ihre Zielgruppe in die Brand Story ziehen und zugleich der Ausgangspunkt für jede Idee, jedes Produkt, jede Dienstleistung. Hier liegt das Fundament Ihrer Kommunikationsstrategie und zugleich das Kriterium für die Auswahl neuer Mitarbeiterinnen, Partner etc.
    Nehmen wir zum Beispiel die Schokoladenmarke Tony’s Chocolonely. Sie hat sich eine 100 % sklavenfreie Schokoladenindustrie zum Ziel gesetzt. Der Ausgangspunkt aller Bemühungen der Marke sind also die Menschenrechte (und hier nochmal als Randnotiz: Es ist „nur“ eine Schokolade).
    Bei Airbnb geht es immer um Zugehörigkeit. Wenn Sie über die Website ein Zimmer oder Apartment buchen, sind Sie mitten im Geschehen. Es ist persönlich, mitten im Leben, Ihr Reich, wo immer Sie sind. Ganz anders als in einem anonymen Hotel.

  2. Vision – Welche Welt wünschen Sie sich?
    „Ein Computer auf jedem Schreibtisch und in jedem Zuhause.“ So hatte Bill Gates die Vision von Microsoft 1975 formuliert. Die Vision beschreibt die Veränderung, die Sie in der Welt sehen wollen und welches Ziel Sie verfolgen. Sie malen Ihren Kund:innen ein Bild Ihrer zukünftigen Marke und zeigen Ihnen so, was sie von Ihnen erwarten können. SpaceX will eine Million Menschen auf dem Mars sehen, Internet of Elephants will, dass 20 Millionen Menschen gleich nach dem Aufwachen zu ihrem Smartphone greifen, um zu schauen, wie es ihrem Elefanten geht. Wichtig bei der Vision: Sie muss groß genug sein, um andere Menschen – Mitarbeiter, Kundinnen, Projektpartner etc. – zu inspirieren. Aber nicht so groß, dass niemand glaubt, sie erreichen zu können.

  3. Mission – Das müssen Sie tun, um die Vision zu verwirklichen
    Die Mission ist der Weg, mit dem Sie auf Ihr Ziel, auf die Veränderung hinarbeiten. Die Mission von Nike lautet „To bring inspiration and innovation to every athlete* in the world – *if you have a body, you are an athlete”. Mit einer solch engagierten Mission geben Marken den Ton für eine starke Arbeitskultur und teilweise sogar für eine ganze Branche an. Unternehmen, die sich an einer starken Mission orientieren, wissen, was sie leisten können und sind deshalb erfolgreicher – intern wie extern.

  4. Werte – Zeigen Sie, für was Sie stehen
    Werte sind das, was aus dem Markenkern nach außen getragen wird. Ist Ihnen Spaß bei der Arbeit wichtig, dann zeigen Sie das auch Ihrer Zielgruppe. Stehen Sie für Qualität, dann schlägt sich das in Ihren Produkten oder Dienstleistungen nieder. Stimmen Ihre Werte mit denen Ihrer Kund:innen überein, setzen Sie ein Statement und ziehen sie in Ihre Story. Ab diesem Punkt wird es für Ihre Wettbewerber extrem schwer, Ihnen Ihre treuen Kunden wegzuschnappen. Deshalb müssen Ihre Werte im Mittelpunkt jeder Entscheidung stehen, die Sie für Ihre Marke treffen. Schließlich soll im Idealfall jede:r Mitarbeiter:in die Unternehmenswerte nach außen transportieren und so die Zielgruppen begeistern.
    Online-Handler Zappos hat starke Grundwerte. Sowohl im Umgang mit Kundinnen als auch bei der Förderung der Mitarbeiter:innen stehen die Werte im Mittelpunkt des täglichen Tuns:

    • Liefere WOW durch Service
    • Umarme und treibe Veränderungen voran
    • Sorge für Spaß und ein wenig Verrücktheit
    • Sei abenteuerlustig, kreativ und aufgeschlossen
    • Strebe nach Wachstum und lerne
    • Baue offene und ehrliche Beziehungen durch Kommunikation auf
    • Baue einen positiven Team- und Familiengeist auf
    • Erreiche mehr mit weniger
    • Sei leidenschaftlich und entschlossen
    • Sei demütig

Das interne Fundament der Marke haben wir gegossen. Ab hier zieht sich der rote Faden durch die gesamte Kommunikation bis zur jeweiligen Zielgruppe. Aber wie zeigt Tony’s Chocolonely den Schoko-Süchtigen, dass es ihnen um Menschenrechte geht? Wie vereint Nike die Welt durch Sport, um so einen gesunden Planeten, aktive Communitys und ein Spielfeld für alle zu schaffen? Wie zeigen Marken, dass sie anders besser sind als ihre Wettbewerber? Zunächst müssen sie ihr Hauptunterscheidungsmerkmal finden.

Mehr zum Storytelling-Prozess in den nächsten beiden Beiträgen der Serie, in denen es darum gehen wird, wie Sie Hauptunterscheidungsmerkmale sowie begeisternde Kernbotschaften und Werteversprechen formulieren können!

Teil 2 unserer Storytelling-Reihe: Brand Storytelling: Kernbotschaft und Wertversprechen

Teil 3 unserer Storytelling-Reihe: Brand Storytelling: Die Differenzierungsstrategie

Teil 4 unserer Storytelling-Reihe: Corporate Storytelling im Alltag = Glückssache?

Workshop Storytelling – zusammen entwickeln wir Ihre Story! Workshop Storytelling


Unser Gastautor: Daniel Heinen

Daniel mag es bunt. Zumindest, wenn er erzählt. So hat er als leidenschaftlicher Brand Storyteller schon einige Unternehmensgeschichten zu Erfolgsstorys gemacht. Zudem bringt er Erfahrungen aus dem Technik-Journalismus und als systemischer Coach mit. Ein schwieriger Mix? Nö. Denn Geschichten wirken und funktionieren immer und überall. Wenn man sie richtig erzählt.

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