Was Automobil-Blogger anders machen als Journalisten und wie man sie glücklich macht – Interview mit Fabian und Sebastian von Autophorie und passion:driving

Die deutsche Autobloggerszene ist sehr aktiv und äußerst produktiv. Für unser heutiges Interview haben wir deshalb zwei jungen Bloggern aus der Automobilblogosphäre unsere Fragen gestellt. Fabian Messner ist Student des Bauingenieurwesens und Betreiber von zwei Blogs, dem auf amerikanische Muscle-Cars und Motorsport spezialisierten Blog Veight.de und dem im Frühjahr gegründeten, breiter aufgestellten Blog Autophorie. Sebastian Bauer ist hauptberuflich Scrum-Master. Er liebt es, Autos verschiedenster Art und auch hin und wieder mal Rennen zu fahren. Seinen Blog passion:driving schreibt er seit einem knappen Jahr.

Wie wichtig sind Autoblogger und wie unterscheiden sie sich von Autojournalisten?

Fabian: Blogger sind schneller und flexibler, weil sie nur für sich arbeiten. Ein Blogger beschreibt persönlich und detailliert das Gefühl beim Fahren: Fühl’ ich mich wohl, lässt sich der Sitz schnell einstellen, riecht es komisch etc.

Sebastian: Bei Gebrauchsgegenständen ist es immer ganz schwer, objektiv zu sein und wir wollen auch nicht objektiv sein, deshalb schreiben wir ja auch in der Ich-Form. Da die Leser mich als Person kennen, können sie das auch bewerten. Wenn Can Struck also in einem Auto sitzt und sagt, dass die Stereoanlage toll ist, dann weiß ich, dass ich ihm als besonders audiophilen Menschen vertrauen kann.

Fabian: Außerdem können wir Blogger uns gegenseitig verlinken und so verschiedene Sichtweisen zu einem Thema vermitteln. Das würde ein Printmedium nie tun.

Was macht für euch eine optimale Zusammenarbeit mit Automobil-Unternehmen aus?

Sebastian: Es reicht nicht, 20 Blogger einzuladen und dann hat man schönen Content. Gute Zusammenarbeit heißt, den Blogger darin zu unterstützen, guten Content liefern zu können. Also nachzufragen, was der Blogger für eine gute Geschichte braucht. Überspitzt gesagt, dass man nicht nur 5 Minuten zum Fahren hat und den Rest mit Buffet und Rahmenprogramm beschäftigt ist. Es reicht eigentlich schon, einem Blogger einen Wagen für zwei Wochen vor die Tür zu stellen, statt ihn mit dem Flieger weit weg zu bringen.

Fabian: Da hat er recht, Fahrten auf einer schönen Insel sind nett für die Bilder, aber man lernt das Auto nicht im normalen Umfeld kennen. Wenn wir ein Auto testen, dann beim Einkaufen, im täglichen Leben.. Aus der Pressemitteilung nehmen die Blogger eigentlich nur die technischen Daten mit, alles andere ist persönliches Empfinden.

Sebastian: Wir machen auch mehr als den üblichen Fahrbericht, der Jens Stratmann packt sich zum Beispiel den Wagen voll mit Kindern und guckt, wie viel Platz dann noch ist…

Fabian: Ich hab mich vor kurzem drei Stunden mit dem Entwickler des Front Assist im neuen VW Golf 7 unterhalten, das war super spannend. Für Nachfragen ist jemand mit Fachexpertise toll. Generell ist es auch sehr gut, wenn man einen Social Media Manager oder jemand aus der Unternehmenskommunikation hat, mit dem man sich auf Augenhöhe unterhalten kann, mit dem man Ideen entwickeln kann. Jemand, der versteht, was wir brauchen. 

Wie seht ihr das Thema Reichweiten?

Fabian: Es kommt eher auf die Relevanz und Qualität als auf die Reichweite an. Reichweite ist nicht gleich Relevanz. Ein Hersteller sollte darauf achten, für welchen Blog seine Produkte wichtig sind. Wenn man ein bisschen beobachtet, was der Blog macht, kann man erkennen, wie relevant er ist und wer das liest.

Sebastian: Dass Reichweite als KPI herangezogen wird, ist verständlich, da wird halt mit Äquivalenzwerten gerechnet. Der wichtigste Punkt ist meiner Meinung nach aber die Qualität: Schreibt der Blogger vernünftig, hat der Artikel Mehrwert, ist es nur ein Einteiler oder ein Mehrteiler und wenn das mit der Zielgruppe des Blogs passt, ist es auch die Investition wert, diesen Blogger einzuladen. 

Was waren eure Highlight-Events in diesem Jahr und was wäre euer Traum-Bloggerevent?

Sebastian: Mein Highlight war der Blogger Roadtrip!

Fabian: Mein Traumevent war die Rallye in San Marino. So nah kommt man sonst nie an die Rallyefahrer ran. Wir waren im ŠKODA Fahrerlager und haben in den 5-Minuten-Pausen Sachen aufgeschnappt, an die man selbst mit VIP Tickets sonst nie mitbekommt. Wir konnten uneingeschränkt filmen und fotografieren, das war echt ein Highlight. 

Ihr seid ja ganz schön viel unterwegs. Wie vereinbart ihr eure Reisen in Sachen Blogging mit euren Jobs bzw. mit dem Studium?

Sebastian: Im Oktober war ich auf drei bis vier Events, das ist schon erheblich, was da neben meinem nicht nur 40h Job an Zeit aufkommt. Ich hab’ das Glück, dass ich sehr flexibel arbeiten kann und viele Stunden zusammen kommen, ich habe also auch recht viel Zeit, die ich in das Autobloggen investieren kann. Ansonsten geht aber auch schon mal mein Urlaub dafür drauf.

Fabian: Mein Glück ist, dass ich mir als Student die Zeit frei einteilen kann. Die Events selbst sind gar nicht so zeitintensiv, eher die Nachbereitung. Für das Schreiben, Fotos bearbeiten und Video schneiden geht mehr Zeit drauf. Mein Oktober war ähnlich knackig wie bei Sebastian. Am Anfang war es nur ein Hobby, aber solange ich die Zeit habe und den Spaß am Schreiben und Fahren, kann ich damit leben. 

Könntet ihr euch vorstellen, das hauptberuflich zu machen? Plant ihr, damit auch Geld zu verdienen und womit würdet ihr euch finanzieren?

Fabian: Ich denke, man kann damit Geld verdienen, sonst würden es ja einige nicht machen (lacht).

Sebastian: Es ist wohl schwierig, rein mit dem Bloggen Geld zu verdienen. Das sind die wenigsten und bei eigentlich allen kommen da noch Dienstleistungen Beratung oder für Firmen Bloggen dazu, mit denen Geld reinkommt. 

Kann man von Werbeeinnahmen leben?

Fabian: Rein über Werbung kann man sich mal was zu Essen kaufen, aber zum Wohnen reicht das nicht. Wenn man das hauptberuflich macht, muss man schon eine Idee und einen Plan haben, wie verkauft man das Bloggen überhaupt. Werbung kommt und geht, das ist keine dauerhafte finanzielle Unterstützung. 

Was ist die Zukunft der Autoblogs? Wie geht es weiter?

Fabian: Die Ausdünnung wird sicher kommen. Aber dann kooperieren die Unternehmen hoffentlich nicht immer mit denselben Bloggern. Man kann ja z. B. Ökoblogs nicht branchenweit einsetzen, aber wenn man als Hersteller eines Elektroautos nur die fünf reichweitenstärksten Blogger einlädt und z. B. den Greenmotorsblog rauslässt, dann wäre das schlecht, denn der Hersteller würde die Leser nicht erreichen, die sich speziell für Elektroautos interessieren.

Sebastian: Die Spreu wird sich vom Weizen trennen, aber Autoblogs werden sich auf lange Sicht als eigenes Medium halten. Bei den Technikblogs ist das auch so gelaufen, da hat man gesagt, das ist keine Alternative zu Print. Aber einige Blogs haben sich gesetzt.

 

Vielen Dank für das Interview!